Zum Tod von Mogens S. Koch (1943–2025)
Regina Plaar
Mo., 14.07.2025 – 09:08
Mit dem Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) wurde 2003 erstmals ein Fotorestaurator ausgezeichnet. Der weltweit tätige und für seine Arbeit international anerkannte Mogens S. Koch aus Kopenhagen (Dänemark) wurde damit für sein impulsgebendes Engagement auf dem Gebiet der Erhaltung des fotografischen Kulturerbes geehrt.
Der hier veröffentlichte Nachruf von Luisa Casella: „Zum Tod von Mogens S. Koch (1942 bis 2025“, erschien in: Rundbrief Fotografie. Analoge und digitale Bildmedien in Archiven und Sammlungen, Vol. 32 (2025), No. 2, N. F. 126, S. 64-65, ins Deutsche übersetzt von Klaus Pollmeier. Wir danken der Autorin, dem Übersetzer, Rundbrief Fotografie und dem Verlag für das Einverständnis zur Veröffentlichung.
Mit großer Trauer mussten wir am 14. April den Tod von Mogens Svend Koch zur Kenntnis nehmen. Mogens war nicht nur ein Pionier auf dem Gebiet der Fotokonservierung, sondern auch ein wunderbarer Kollege, Mentor und Freund. Mit seiner Großzügigkeit, Wärme, dem ihm eigenen Humor sowie einer tiefen Neugier am fotografischen Bild und dessen Erhalt hat er Generationen von Studierenden sowie Berufskolleginnen und -kollegen in der ganzen Welt inspiriert.
Mogens wurde in Dänemark in eine im Design tief verwurzelte Familie hineingeboren. Sein Vater, der Architekt und Möbeldesigner Mogens Koch senior (1898–1992), hat die dänische Designgeschichte maßgeblich geprägt. Der Sohn erbte das Faible für sorgfältige Handwerkskunst und verband es mit der Leidenschaft für Fotografie. Nach einer Lehre als Schreiner begann er 1963 eine Ausbildung zum Fotografen und erforschte seither das Medium in all seinen Dimensionen – vom Bildermachen bis zur Konservierungswissenschaft.
Mogens schloss seine Ausbildung in Fotografie 1976 an der Königlich Dänischen Kunstakademie (dn. Det Kongelige Danske Kunstakademi, KDKA) in Kopenhagen ab. Bereits 1964 hatte er an einem bedeutsamen Seminar der Agfa AG in Deutschland teilgenommen und dabei die Chemikerin Edith Weyde, Erfinderin des ersten erfolgreichen modernen Fotokopierverfahrens kennengelernt. Ihre Lehren sollten seinen technischen Umgang mit fotografischen Prozessen fortan maßgeblich beeinflussen. Mit Klaus Hendriks vom Canadian Conservation Institute in Ottawa, einem anderen frühen Protagonisten der Fotokonservierungswissenschaft, war er eng befreundet. Zu seinem eigenen fotografischen Werk gehörten ausgedehnte Reisen nach Grönland, auf denen er in mehr als zehn Expeditionen den Wandel von Architektur und Landschaft dokumentierte.
Während eines großen Teils seines Berufslebens übernahm Mogens eine entscheidende Rolle bei der Etablierung und Erweiterung der fotokonservatorischen Ausbildung in Dänemark. Bereits 1978 entwickelte er zusammen mit der Chemikerin und Papierrestauratorin Birte Rottenstein den ersten Kurs in Fotokonservierung an der neu gegründeten Conservation School der KDKA. Was als zweitägiges Seminar begann, wurde bald zu einem semesterlangen Programm, das die Grundlage für die Ausbildung in fotografischer Konservierung in der Region legte. Durch Partnerschaften mit Institutionen in Schweden, Norwegen, Finnland, Island und Grönland half Mogens, eine Generation von Restauratorinnen und Restauratoren auszubilden, die später selbst führende Institutionen leiteten.
Mogens war nicht nur Lehrer – er war auch Innovator. Seinem pragmatischen Erfindungsgeist verdanken wir die Entwicklung des heute standardisierten Vierklappenumschlags. Seine experimentelle Arbeit im Bereich der chemischen Bildwiederherstellung eröffnete neue Möglichkeiten, fast verlorene fotografische Aufzeichnungen auf Kunststoffträgern zu retten.
Der internationale Einfluss von Mogens Koch ist kaum zu überschätzen. 1980 reiste er nach Rochester, NY, wo er am Institute of Technology George T. Eaton, Walter Clark und James M. Reilly traf, ihrerseits Pioniere der Fotokonservierung. Die hieraus hervorgehenden lebenslangen Verbindungen förderten den globalen Dialog über das gemeinsame Fachgebiet. Mogens half bei der Entwicklung des Photographic Activity Tests (PAT) und entwarf die Vorrichtungen, die für die Methode verwendet werden. Er leitete über 30 Workshops und Kurse weltweit, viele auch in Deutschland, und beförderte so die internationale Gemeinschaft des praxisorientierten Austauschs.
Nach den verheerenden Überschwemmungen in Dresden 2002 spielte Mogens eine führende Rolle bei der Notfallrettung wassergeschädigter fotografischer Negative. Er arbeitete dabei mit Lehrenden und Studierenden aus der Schweiz, Dänemark und Deutschland zusammen, um effektive Spül- und Trocknungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen.
Mogens war außerdem eine zentrale Figur in den professionellen Netzwerken, die das Fachgebiet prägten. So fungierte er als Gründungsmitglied und später Präsident (1987–2001) der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Archiv-, Bibliotheks- und Graphikrestauratoren (IADA) sowie der erste Präsident der European Confederation of Conservator-Restorers’ Organisations (E.C.C.O.). 2003 wurde er zum Ehrenmitglied der IADA ernannt und erhielt im selben Jahr, gemeinsam mit dem Filmemacher Wim Wenders (*1945), den Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh). 2013 wurde er gemeinsam von der Photographic Materials Group des American Institute for Conservation (AIC) und der Photographic Materials Working Group des International Council of Museums – Committee for Conservation (ICOM-CC) mit dem Photographic Materials Award in Anerkennung seiner außergewöhnlichen Beiträge gewürdigt.
Auch nach seiner Emeritierung von der Conservation School im Jahr 2014 teilte Mogens weiterhin bereitwillig mit der für ihn so charakteristischen Weisheit, Wärme und Demut sein großes Fachwissen. Zu dieser Zeit gelang es ihm außerdem, das Erbe seines Vaters als Möbeldesigner erfolgreich wiederzubeleben.
Das Vermächtnis von Mogens Koch lebt heute weiter in den unzähligen Fachleuten, die er betreut hat, in den archivierten Materialien, die durch seine bahnbrechenden Techniken gerettet wurden, und in der Philosophie der Fürsorge und Präzision, die er in das Fach eingebracht hat. Für diejenigen, die ihn kannten, war Mogens mehr als nur ein Lehrer oder Kollege – er war ein Freund, der sein Wissen großzügig weitergab, sich Zeit nahm und mit stiller Überzeugung die Weiterentwicklung seines Fachs unterstützte. Unser Beileid gilt seiner Familie, seinen Freunden und allen, die das Privileg hatten, mit ihm zusammenzuarbeiten. Wir werden ihn vermissen [1].
Luisa Casella
Klaus Pollmeier (DGPh)
Marjen Schmidt (DGPh)
Martin Jürgens
Sebastian Dobrusskin
Autorin
Luisa Casella, Freiberufliche Restauratorin, Fellow of the American Institute for Conservation, Chair of the Photographic Materials Group (2023–2025), Chair of the Communications Committee (2023–2025), Ithaka, NY, USA, Tel. +1-585-281-3747, luisa.casella@gmail.com
[1] Luisa Casella hat den vorliegenden Nachruf im Englischen verfasst; er ist veröffentlicht in: Global Conservation Forum (ConsDistList), 19. April 2025, nachlesbar unter: <https://community.culturalheritage.org/discussion/in-remembrance-of-mog…; Klaus Pollmeier hat ihm im Namen der Unterzeichnenden für den Rundbrief Fotografie ins Deutsche übersetzt.
…. mehr lesen: DGPh (Quelle)